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Verzögerung der Straßenbahnbeschaffung und die daraus entstehenden finanziellen Folgen

Verzögerung der Straßenbahnbeschaffung und die daraus entstehenden finanziellen Folgen

Am 19.12.2019 wurde zum ersten Mal ein Beschluss im Stadtrat zur Beschaffung von mindestens 6 Bahnen gefasst (Länge je Bahn 28 m, Fassungsvermögen 160 Fahrgäste und Kosten 2,9 Mio. €/Bahn). Dieser Beschluss wurde aus rechtlich notwendiger Sicht am 04.06.2020 wiederholt und vom GVB die Fördermittel am 05.06.2020 rechtzeitig noch beim Land beantragt. Hintergrund war das Auslaufen der Fördermöglichkeit. Die Kosten für diese 6 Bahnen waren mit 17,4 Mio. € ausgewiesen, wovon 8,7 Mio. € das Land und 7,2 Mio. € die Stadt Gera gefördert hätte, sodass der GVB nur mit 1,5 Mio. € belastet worden wäre.  

Der OB hat diesen Beschluss beanstandet und damit die Bahnbeschaffung unterbunden. Im Oktober 2020 hat er seinen Fehler erkannt und die Beanstandung zurückgenommen. Nun hat das TLVwA den Beschluss „beanstandet“. Auf Drängen des Stadtrates hat der OB dagegen geklagt und es kam im Frühjahr 2021 zu einem außergerichtlichen Vergleich. Nach redaktionellen Änderungen an dem Beschluss und der Fördermittelrichtlinie der Stadt Gera wurde alles für richtig befunden. In Summe war damit seit dem Beschluss 2020 fast ein Jahr vergangen und damit eine 50% Förderung vom Land nicht mehr möglich. Mittlerweile war der Kaufpreis für 6 Bahnen von 17,4 Mio. € auf 19,44 Mio. € angestiegen. Hierbei sollte sich das Land mit 9,3 Mio. €, die Stadt Gera mit 7,2 Mio. € und der GVB mit 2,94 Mio. € finanziell beteiligen.

Da keine Bewegung in die Umsetzung des 2020 gefassten Beschlusses seitens des OB kam, hat der Stadtrat am 01.02.2022 beschlossen, eine Arbeitsgruppe (AG) für die Umsetzung der Bahnbeschaffung zu bestellen. Hier wurde das „Fass“ der Fahrgast – Kapazität der Bahnen noch einmal aufgemacht, um einen Kompromissvorschlag erarbeiten zu können. Wegen zwei Stunden an wenigen Tagen im Jahr zwischen den Haltestellen Wiesestr. und Leipziger Str. in denen 180 Fahrgäste zur Beförderung anstanden, sollten nun längere Bahnen angeschafft werden (38 m, mit 190 Fahrgastplätzen). Dies bedeutet, dass die Anschaffungskosten für 6 Bahnen auf 24 Mio. € gestiegen sind und die Werkstatt der GVB für 2,5 Mio. € verlängert werden muss. Jedoch führt dies laut GVB auch zu Einsparungen im Bereich Personal (weniger Fahrer) da der 7,5- Minuten-Takt durchgängig eingehalten werden kann. Dazu hatte sich die AG einstimmig bereits am 22.03.2022 inklusive einer Option für weitere 3 Bahnen mit einer Länge von 38 m verständigt. Der Stadtrat hat dann mit dem Beschluss 68/2022 zur 1. Änderung des Wirtschaftsplanes der GVB, diese Bahnen mit einer Länge von 38 m bestätigt.

Mehr als anderthalb Jahre später war nun am 11.12.2023 die Unterzeichnung des Vertrages über die Beschaffung der 6 Bahnen erfolgt. Man höre und staune. Kaufpreis laut Presse 38 Mio. €, Bahnlänge 43 m, für 270 Fahrgäste/Bahn. Alles entgegen dem gefassten Stadtratsbeschluss (68/2022). Übrigens. So viele Fahrgäste wurden noch nie in Gera mit einer Bahn befördert.

Anstatt 2019 die Anschaffung für 17,4 Mio. € mit Eigenmitteln des GVB von 1,5 Mio. €, wurde ein Vertrag nach vier Jahren Ende 2023 über insgesamt 41 Mio. € im Beisein des Aufsichtsratsmitgliedes und OB unterschrieben, der den GVB 16,8 Mio. € Eigenmitteln abverlangt. Wer das bezahlt, wissen sie. Alles der Steuerzahler. Dabei hat fleißig der OB von Gera mit seiner Verzögerungstaktik mitgeholfen. Zeit ist Geld. Das weiß jeder. Nur nicht der OB.

Erinnern sie sich an den Anfang dieses Artikels. Am 19.12.2019 hatte erstmals der Stadtrat beschlossen 6 Bahnen anzuschaffen. Am 11.12.2023 war es nun so weit. Nicht der Stadtrat, sondern der OB hat vier Jahre an der Umsetzung nichts bewegt. Hier noch die Fakten im Überblick:

06/2020 05/2022 12/2023
länge der Bahn 28 m 38 m 43 m
Fahrgäste/Bahn 160 190 270
Preis für 6 Bahnen 19,4 Mio. € 24 Mio. € 38 Mio. €
Kosten Werkstattumbau 0 2,5 Mio. € 3 Mio. €
Gesamtkosten 19,4 Mio. € 26,5 Mio. € 41 Mio. €
Anteil GVB 2,94 Mio.€ 7,3 Mio. € 16,8 Mio. €

 

Gera, 03.01.2024
Dr.-Ing. Ulrich Porst
Bürgerschaft FÜR GERA

Anlage: Zusatzinformationen


Zusatzinformation

13. Oktober 2020 Stadt Halle: 

30, 38 und 45 Meter lange Bahnen: HAVAG will drei verschiedene Straßenbahn-Typen  

  • 30 Meter Bahn: genauso so lang wie die jetzigen MGT6D-Züge, die ausgemustert werden. Etwa 2,84 Millionen Euro kostet eine solche Bahn.
  • 38 Meter Bahn: etwa 3,21 Millionen Euro kostet eine Bahn
  • 45-Meter Bahn: etwa 3,82 Millionen Euro kostet eine Bahn

26. November 2022 Stadt Dresden: 

Am 26.11.2022 hat der erste NGT DX DD in Dresden seinen Dienst aufgenommen

  • In der 43,3 Meter langen Bahn finden bis zu 290 Fahrgäste Platz. Auf jede Seite passen jeweils zwei Sitzplätze mit größerem Abstand. In den Multifunktionsbereichen gibt es vier statt wie bisher zwei Stellplätze für Rollstühle oder Kinderwagen. Sechs Türen ermöglichen ein schnelles und sicheres Ein- und Aussteigen. 

Die Kosten pro Fahrzeug belaufen sich auf etwa 4,2 Millionen Euro.

11. Dezember 2023 Stadt Gera:

Vertragsabschluss über 43 m lange Bahnen in Gera mit einer Fahrgastkapazität von 270

  • 43-Meter Bahn:               etwa 6,3 Millionen Euro kostet eine Bahn
  • Werkstattverlängerung: etwa 3 Millionen Euro
  • Gleisanpassung:               etwa ? Millionen Euro
  • Gera kann sich das leisten